Immer mehr Unternehmen aber auch Konsumenten interessieren sich für die CO2-Bilanz ihrer Lieferanten. CO2-neutral zu agieren wird immer mehr zu einem Wettbewerbsvorteil. Wie Sie eine solche CO2-Bilanz für Ihr eigenes Unternehmen erstellen können und wie es T-Mobile Austria gelang, die eigenen CO2-Emissionen auf Null zu reduzieren, erläutert Christine Neubacher im Interview. Die Expertin ist seit 2012 bei T-Mobile für Energy Management & Sustainability verantwortlich.
Frage: CO2-neutral kann man nur agieren, wenn man die eigene CO2-Bilanz kennt. Ich muss gestehen, dass ich meine Bilanz als Privatperson nicht kenne – wie gelingt es Unternehmen eine CO2-Bilanz zu erstellen?
Christine Neubacher: Für eine CO2-Bilanz gibt es viele Berechnungsmöglichkeiten. T-Mobile Austria hat sich für eine standardisierte entschieden. Man teilt dafür die Daten, die für eine solche Aufstellung notwendig sind, in drei Gruppen: Direkte Emissionen betreffen etwa die Menge Diesel, die der Fuhrpark verbraucht. Indirekte Emissionen beziehen sich auf Strom. Der kann aus verschiedenen Quellen stammen. Von Kohle- oder Atomkraftwerken oder aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Wasserkraft. Dann gibt es noch die „sonstigen Emissionen“. Darunter fallen die geschäftlichen Flugreisen, der Wasserkonsum in den Filialen oder der Papierverbrauch des Unternehmens. Oder auch der Energieverbrauch, den Mitarbeiter verursachen, wenn sie zur Arbeit und wieder nachhause fahren.
Frage: Das sind ja eine Menge Daten, die teilweise nicht so leicht zu erheben sind. Da müsste man praktisch jeden Mitarbeiter täglich fragen, ob er mit dem Rad, den Öffies oder mit dem eigenen PKW zur Arbeit gekommen ist.
Christine Neubacher: Um CO2-neutral agieren zu können, ist es als einer der ersten Schritte notwendig, sich überhaupt bewusst zu machen, welche Daten man dafür benötigt und wie man diese sammeln kann. Nur wenige Unternehmen können auf Knopfdruck sagen, wie viel Diesel, Strom oder Gas sie verbrauchen. Bestimmte Daten, wie der Verbrauch von Papier und Verpackungsmaterial oder die Menge an Druckerzeugnissen, sind noch schwerer zu erfassen. Und andere Informationen lassen sich nur durch bestimmte Berechnungsmodelle ermitteln. Wie etwa der bereits erwähnte Energieverbrauch, den die Mitarbeiter auf dem Weg zur und von der Arbeit verursachen. Bei der Auswahl und Berechnung der Daten helfen externe Berater und zertifizierte Stellen, die die Daten und Berechnungsmodelle überprüfen. T-Mobile arbeitet mit Climate Partners zusammen, zusätzlich ist unsere CO2-Bilanz vom TÜV Austria geprüft.
Frage: Wann fiel die Entscheidung bei T-Mobile CO2-neutral zu werden?
Christine Neubacher: Die Basis dafür hat T-Mobile im Jahr 2012 mit der Einführung des Energiemanagements gelegt. Damals haben wir damit begonnen, die Energieströme im Unternehmen zu erfassen und zu messen. Denn wenn Sie etwa nicht wissen, wie viel Strom Ihr Unternehmen oder Liter Diesel Ihr Fuhrpark verbraucht, dann können Sie auch keine CO2-Bilanz erstellen und somit Ihren Verbrauch auch nicht nachweislich optimieren. Die Entscheidung, unser Netz CO2-neutral zu betreiben, ist im Jahr 2014 gefallen, da wir für unser Netz die meiste Energie aufwenden. Seit 2015 ist das gesamte Unternehmen CO2-neutral.
Frage: Jetzt liegt T-Mobile bei Null Tonnen CO2 im Jahr , wie viel CO2 hat T-Mobile denn zuvor ausgestoßen?
Christine Neubacher: Im Jahr 2014 haben wir insgesamt 17.800 Tonnen Treibhausgase erzeugt. Das ist etwa so viel, wie eine österreichische Kleinstadt verursacht.
Frage: Ist der Mobilfunk generell eine Branche, die sehr viel CO2 verursacht?
Christine Neubacher: Der Betrieb des Netzes benötigt schon eine gewisse Menge an Strom. Wenn Sie die Mobilfunker aber mit produzierenden Betrieben, wie etwa der Stahlindustrie vergleichen, dann verursachen die Mobilfunker vergleichsweise wenig CO2-Emissionen.
Frage: Die Umstellung auf ein CO2-neutrales Wirtschaften ist ja recht flott von statten gegangen. Wie hat das T-Mobile Austria so schnell geschafft?
Christine Neubacher: Der größte Verbraucher innerhalb unseres Unternehmens ist wie gesagt das Netz. Der Strom, den wir dafür einkaufen, ist seit Anfang 2015 frei von CO2-Emissionen und stammt aus erneuerbaren, atomstromfreien Quellen.
Frage: Sind Lieferanten, die einen solchen sauberen Strom anbieten, schwer zu finden?
Christine Neubacher: Eigentlich nicht. Es ist uns gelungen, 90 Prozent unseres Strombedarfs durch CO2-freie, erneuerbare und atomstromfreie Energie zu decken.
Frage: Warum „nur“ 90 Prozent?
Christine Neubacher: Bei manchen unserer Standorte, wie etwa einen Shop in einem Einkaufszentrum oder einem Sendemasten, der sich auf einem privaten Grundstück befindet, bestimmt der Standortgeber den Stromlieferanten Hier haben wir keinen Einfluss darauf wie diese Energie erzeugt wurde. Diese restlichen zehn Prozent neutralisieren wir durch die Unterstützung von Klimaschutzprojekten.
Frage: Wie funktioniert dieses Neutralisieren konkret?
Christine Neubacher: Als Unternehmen können Sie in Klimaschutzprojekte auf der ganzen Welt investieren und damit die Menge der CO2-Emissionen verringern, die das Unternehmen erzeugt um die Bilanz auszugleichen. Zu den von T-Mobile unterstützen Projekten gehören der Einsatz effizienter Öfen in Uganda, Wasseraufbereitungsprojekte in Kenia und Waldschutz im Kongo.
Frage: Was ist bei der Auswahl solcher Projekte zu beachten?
Christine Neubacher: T-Mobile ist es wichtig in nach internationalen Standards anerkannte und zertifizierte Projekte zu investieren. Leider gibt es in Österreich keine international zertifizierten Projekte. Der Staat Österreich hat sich im Rahmen des Kyoto-Protokolls Ziele zum Klimaschutz gesetzt und rechnet sich somit jegliche Emissionseinsparungen (Erneuerbare Energie, Energieeffizienz, et cetera) an. Somit kann nicht ausgeschlossen werden, dass eine CO2-Reduktion aus zum Beispiel einer Photovoltaikanlage in Österreich nicht bereits anderer Orts als Einsparung gerechnet worden ist. Bei der Auswahl der Klimaprojekte unterstützt uns ebenfalls Climate Partners.
Frage: Welche Abteilungen waren anfangs in das Projekt CO2-freies-Netz eingebunden?
Christine Neubacher: Eine neue Abteilung haben wir dafür nicht gegründet. Unsere Technik, die für den Betrieb unseres Netzes verantwortlich ist, war ebenso von Anfang an eingebunden, wie der Einkauf und die Corporate Communications & Responsibility Abteilung, bei der das Thema Nachhaltigkeit verankert ist.
Frage: Gutes Stichwort: Wie hat T-Mobile selbst versucht, Ressourcen zu sparen?
Christine Neubacher: Um nachweislich zu optimieren muss man zuerst Daten haben, die zeigen, wo welche Ressourcen im Unternehmen benötigt werden. Wir haben 2012 begonnen Energiemanagement einzuführen und haben dabei im Netz gestartet. Das bedeutet Prozesse für Planung, Betrieb, Optimierung und Kontrolle für Energie umzusetzen. Nachdem wir stetig unser Netz erweitern, keine der bestehenden Technologien abschalten, benötigen wir absolut gesehen auch immer mehr Energie. Umso wichtiger ist es, die Prozesse einzuhalten, bei Erweiterungen im Netz auf Energieeffizienz zu achten und laufend Maßnahmen zur Optimierung zu setzen. Somit wird beispielsweise bereits bei der Beschaffung von neuem Equipment die Angabe des Energieverbrauches beim Lieferanten abgefragt. Das ist eines von vielen Kriterien für die Auswahl bei der Beschaffung. In Relation zum übertragenen Datenvolumen in unserem Netz, welches sich jährlich fast verdoppelt, haben wir trotz Netzausbau einen verhältnismäßig geringen Energieanstieg von zirka zehn Prozent.
Frage: Das klingt nach viel Aufwand.
Christine Neubacher: Ein Aufwand, der sich lohnt. Ein Beispiel: Wenn der Betrieb eines Gerätes beispielsweise 300,- Euro im Jahr an Stromkosten verursacht, ein vergleichbares nur 30,- Euro dann bedeutet das konkret eine Ersparnis bei den Betriebskosten. Der Verbrauch von weniger Ressourcen ist ja auch immer mit weniger Kosten verbunden.
Frage: T-Mobile agiert jetzt CO2-Neutral. Wars das jetzt, oder haben Sie noch weitere Ziele?
Christine Neubacher: CO2-Neutralität ist keine Einmalaufgabe, sondern ein laufender Prozess. Schon gar nicht für uns als Mobilfunker, der ein exponentiell wachsendes Volumen an Daten managen muss. Wir haben an einem bestimmten Punkt begonnen und sehen uns jetzt weitere Bereiche an: Wie können wir die Beheizung unserer Geschäfte verbessern? Wie können wir unseren Fuhrpark umweltfreundlicher betreiben? Oder neue Technologien einsetzen, um unsere Sendestationen mit CO2-freiem Strom zu versorgen? Das ist ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess.
Frage: Bleiben wir bei alternativer Energieversorgung der Sendeanlagen – woran arbeitet T-Mobile hier?
Christine Neubacher: Wir betreiben bereits acht Stationen mit Solarstrom. Eine davon, die Station am Lawinenstein im Salzkammergut, ist völlig autark. Bei einer anderen Anlage verwenden wir Erdwärme zur Kühlung. Das Problem, gerade bei der Sonnenenergie, betrifft aber die kontinuierliche Stromversorgung von 24 Stunden am Tag. Denn die Sonne scheint eben nur ein paar Stunden am Tag und in welcher Intensität lässt sich nicht verlässlich prognostizieren. Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Möglichkeit, ausreichend Energie zu speichern, um den Betrieb der Sendeanlage zu garantieren, gibt es noch nicht.
Frage: Mobilfunker können ja nicht nur selbst Ressourcen sparen, sondern durch ihre Services anderen Unternehmen helfen, CO2 einzusparen. Denken wir mal an Telefon- oder Videokonferenzen, die es Personen ersparen, sich an einem Ort für ein Meeting zu treffen. Welchen Hebel hat die Branche hierbei noch?
Christine Neubacher: Ja, die Mobilfunker haben diesbezüglich einen starken Hebel: Die Studie SMARTer2030 zeigt, dass bis zum Jahr 2030 moderne IKT die weltweiten CO2-Emissionen um ein Fünftel senken kann. Das ist das Siebenfache jener Menge an CO2, die die gesamte IKT-Branche selbst verursacht. Das sogenannte Internet of Things bietet immer mehr Anwendungen, die jedem Unternehmen helfen Kosten zu sparen und ihre CO2-Bilanz zu verbessern.
Frage: Wie wichtig ist es den Kunden von T-Mobile, dass sie in einem CO2-neutralen Netz kommunizieren können?
Christine Neubacher: Die Nachfrage steigt hier stetig. Bei nationalen und internationalen Ausschreibungen wird immer häufiger nach einer Zertifizierung gefragt. Die Bemerkung, etwas für die Umwelt zu tun, reicht aber dafür nicht aus – man wird immer häufiger nach konkreten Maßnahmen gefragt. Verschiedene Branchen sind hier in der Vorreiterrolle. Allen voran der Lebensmittelhandel, wie Hofer oder REWE.
Frage: Das betrifft jetzt die Geschäftskunden – wie sieht’s bei den Konsumenten aus?
Christine Neubacher: Bis vor wenigen Jahren war das überhaupt kein Thema. Heute interessiert sich bereits eine kleine Kundengruppe für Themen wie CO2-Bilanz und Nachhaltigkeit. Für viele Konsumenten ist es bereits selbstverständlich, nicht mehr für jeden Einkauf ein Plastiksackerl zu verwenden, aber beim täglichen Telefonieren oder Surfen wird noch nicht so stark darüber nachgedacht, welchen Strom der Mobilfunker für das Netz bezieht. Für uns ist es wichtig an diesem Thema dran zu bleiben, denn CO2-Neutralität wird sich vom „nice-to-have“ zum „must-have“ entwickeln.
Frage: Hat sich die Entscheidung von T-Mobile, CO2-neutral zu agieren, auch auf das Verhalten der Mitarbeiter ausgewirkt?
Christine Neubacher: Wie auch nach außen ist es auch nach innen wichtig ständig zu kommunizieren. Wir hatten erst kürzlich den ersten internen größeren Event dazu. Zu Beginn hat das Thema CO2-Neutralität nur ganz wenige Kollegen betroffen. Da wir aber immer mehr Daten benötigen und die von verschiedenen Abteilungen abfragen, beschäftigen sich ganz automatisch mehr Mitarbeiter mit dem Thema. Zudem motiviert das Unternehmen auch MitarbeiterInnen sich mehr mit dem Thema auseinander zu setzen und sich mit einzubringen, wie bei der Mülltrennung, beim Papier- oder Stromsparen im Büro. Und mittlerweile radeln auch immer mehr Kollegen bei der österreichweiten Initiative „RadeltzurArbeit“ mit, die dazu motiviert das Auto stehen zu lassen und mit dem Rad zur Arbeit zu fahren.
ad Personam
Christine Neubacher ist seit 1997 bei T-Mobile Austria. Seit dem Jahr 2012 verantwortet Sie den Bereich Energy Management & Sustainability.